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7. November 2022

Siezen oder Duzen im Internet?

„Willst du meine Kunden auf meiner Website duzen oder siezen?“ Tim, mein neuer Kunde und Gebäudereiniger, schaut mich fragend an. Ich schaue nachdenklich zurück. „Das ist eine gute Frage“, antworte ich. „Bisher sind die meisten Seiten in deiner Branche in Sie-Form geschrieben. Das ist zumindest mein Eindruck. Vermutlich deshalb, weil die Kunden Unternehmen sind, die eine gewisse Seriosität erwarten. Oder, weil sich bisher niemand darüber Gedanken gemacht hat. Denn sooo abwegig finde ich es nicht, dein Kundenklientel zu duzen.“

Wie sieht es denn allgemein mit der Ansprache im Web aus?

Die Frage nach dem Siezen oder Duzen im Internet stellt sich mir heute tatsächlich häufig. Und meine Antwort ist eigentlich immer dieselbe: Es kommt ganz darauf an, wer mit der Website angesprochen werden soll. Ist die Zielgruppe jung und offen, findet sie ein Sie wahrscheinlich eher spießig. Geht es um emotionale Themen wie eine Hochzeitsplanung bei jungen Leuten oder die Angebote einer Yoga-Schule ist das Du ein Muss.

Als Anbieter von Finanzdienstleistungen für ein zahlungskräftiges Klientel, als alteingesessenes Schmuckgeschäft oder Makler von hochwertigen Immobilien dagegen kommt es sehr darauf an, wie diversifiziert die Zielgruppe ist. Hier würde ich persönlich einen gestandenen Firmenchef oder Privatmenschen im Erstkontakt siezen und nur dann das Du benutzen, wenn die Kernzielgruppe zu einem sehr großen Teil aus der sogenannten Generation Z besteht. Zumindest derzeit noch. Denn der Trend geht eindeutig zum Du.

Wie finde ich für meine Firma die richtige Ansprache?

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, fragt seine Kunden einfach – sofern der Bauch nicht schon eine klare Entscheidung getroffen hat. Denn gegen sein eigenes Gefühl zu gehen und seine Kunden zu duzen, obwohl man selbst lieber beim Sie wäre, ist keine gute Idee. Das kann schnell komisch bzw. gekünstelt wirken.

Duzen mit Respekt

Seine Kunden zu duzen heißt übrigens nicht, dass Sie so tun sollten, als wären sie Freunde und dürften sich alles in jeder Art und Weise sagen. Eine zu kumpelhafte Ansprache in Richtung „Damit verdienst du mega Knete. Das ist echt ein voll cooles Angebot.“ kann ganz schnell nach hinten losgehen. Alltagsnah darf und sollte die Sprache jedoch sein.

Duzen in den sozialen Medien

In vielen sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram etc. ist das Du die Standard-Anrede. Hier gilt es als unhöflich, zu siezen und dadurch Hierarchien aufzubauen. Selbst große Unternehmen wie BMW oder die Deutsche Bahn duzen z. B. auf Facebook – siezen aber weiter auf ihren Unternehmenswebsites.

In den beiden Geschäftsnetzwerken Xing und LinkedIn dagegen wird derzeit noch bunt gemischt mal gesiezt, mal geduzt. Die Tendenz geht allerdings auch hier zum Du. Es gibt jedoch auch nach wie vor noch Branchen, bei denen das Du in den sozialen Medien nicht angebracht ist. Dazu gehören z. B. Arztpraxen und Banken. Und das aus gutem Grund: Eine zu starke Vertraulichkeit kann hier für das Verhältnis kontraproduktiv sein. Schließlich geht es um sehr persönliche Informationen und sensible Daten.

Tim hat sich am Ende übrigens für das Sie entschieden. Aber wer weiß, wie es in ein paar Jahren aussieht.